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2016-07-16

THE CLAYPOOL LENNON DELIRIUM - Monolith Of Phobos

Musikalische Farbenlehre für Fortgeschrittene:

Mischt man das "White Album" (The Beatles) mit dem "Brown Album" (Primus), dann kommt offenbar ein deutsche-Post-gelbes Album dabei heraus.



THE CLAYPOOL LENNON DELIRIUM - Monolith Of Phobos (yellow vinyl 2LP+CD) (2016)

Wie der Name der Band schon sagt, besteht sie aus Primus-Mastermind/Wirrkopf/Bassmonster Les Claypool und natürlich nicht John, sondern Sean Lennon, Sohn des Beatles mit Yoko Ono, und mir zugebenermaßen darüber hinaus bisher noch nicht musikalisch bekannt.

Live ist die Gruppe ein Quartett, doch im Studio besteht sie tatsächlich nur aus den beiden Namensgebern. Lennon hat Gitarre und (bis auf einen Track) das Schlagzeug eingespielt, Claypool natürlich den Bass. Um Lead- und Backgroundgesänge, sowie jede Menge Mellotron haben sich beide gekümmert.

Die von Claypool gesungenen Songs sind innerhalb der elf Tracks in leichter Überzahl, dafür stammen sowohl das Frontcover als auch Fotocollagen im Gatefold sowie dem beiliegenden Textblatt von Lennon.
Visuell ist das ganze Package übrigens sehr ansprechend, die gelb-transparenten Schallplatten taugen auch klanglich etwas, und es liegt eine CD-Kopie bei.




Musikalisch steht der "Monolith Of Phobos" ganz klar in der Tradition songorienterten, aber gelegentlich space-trippenden Psychedelic Rocks der Marke Sgt. Pepper At The Gates Of Dawn, ohne dabei aber je zur bloßen Kopie der Fab Four oder von Syd Barrett und Co. zu werden.

Dafür sorgt schon das einmalige und unnachahmliche Bassspiel von Les Claypool. Böswillig könnte man sagen, dass der Mann über weite Strecken einfach seinen Stiefel runterspielt, aber wenn es dieser irrsinnige Sieben-Meilen-Treter ist, wen kümmert es dann?
Ein Claypool-Song wie "Mr. Wright" würde locker auf jedes Primus-Werk passen. Bei den meisten anderen Stücken wäre Lennons Anteil dafür aber schon zu präsent.

Hat man das eröffnende Songtrio aus dem gespenstisch bedrohlichen Titelsong und dem schrägen, zum Ende hin ziemlich epischen Zweiteiler "Cricket And The Genie" hinter sich gebracht, sollte einem bereits klar sein, dass es sich bei Lennon/Claypool über eine kongeniale Paarung zweier echt spezieller Typen handelt, deren Persönlichkeiten sich hier perfekt ergänzen.
Auch wenn erst danach die catchiesten Stücke folgen; wer es hier noch nicht kapiert hat, für den ist "Monolith Of Phobos" wohl nichts.
Die primäre Zuständigkeit von Les Claypool sind der pumpende und blubbernde Puls des Geschehens, das instrumentale Spektakel ("Captain Lariat"!) und die Momente, in denen das Delirium schon beinahe zu goofy und albern wirkt. Und wie bereits erwähnt, haben seine Anteile auch ein leichtes Übergewicht.

Für die Seele, den Tiefgang und die Zeitlosigkeit des Albums sorgt dennoch Sean Lennon.
Es wäre natürlich unfair, den Mann auf seine familiäre Abstammung zu reduzieren, denn er ist ja durchaus ein eigenständiger Künstler, kann auf den sechs Saiten beachtlich shredden, lässt mit seinem songdienlichen Drumming keine Wünsche offen und emuliert auf den Tasten eine king crimsoneske Stimmung, die den Gesamteindruck von "Monolith" entscheidend mitprägt.

Doch ein nicht zu leugnender Teil der Magie ist zweifellos der Tatsache geschuldet, dass er nicht nur optisch, sondern auch stimmlich einfach ein absoluter Wiedergänger seines Vaters ist.
Man könnte in manchen Momenten glatt glauben, hier gar keine brandneuen Aufnahmen zu hören, sondern tatsächlich vielleicht bisher unbekanntes Studiomaterial aus der progressiven Beatles-Spätphase.

Der Lennon-Höhepunkt ist die unbedingt stets mit dem instrumentalen Abschlusstrack das Albums "There's No Underwear In Space" im Schlepptau zu genießende Ballade "Bubbles Burst", welche die Geschichte des Schimpansen Bubbles erzählt, jenes in den Achtzigern auf der Neverland Ranch von Michael Jackson lebenden Schimpansen, der eine Zeit lang ja tatsächlich ein Spielkamerad von Sean war.

Die Texte auf "Monolith Of Phobos" sind generell ziemlich clevere Reflektionen über Ängste und Phänomene unserer Zeit, die speziell bei Sean Lennon erahnen lassen, dass er auch etwas von dem sarkastischen Humor der Beatles geerbt hat. "Bubbles Burst" ragt durch den persönlichen Bezug allerdings auf besondere Weise hervor.
Eine ganz große Nummer und ein würdiges Finale für ein Album, welches ehrlich gesagt sogar viel besser ist, als ich aufgrund der Namen zunächst angenommen hatte.

Egal ob man The Claypool Lennon Delirium jetzt eher unter 60s/70s Rock, Advantgarde, Psychedelic oder einfach geilem Scheiß einsortiert - ein Highlight des Jahres haben sie mit "Monolith Of Phobos" in jeder Kategorie hingelegt.




Anspieltipps: Bubbles Burst, Cricket And The Genie, Boomerang Baby, Captain Lariat

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